Gottesdienst der ACK im Kölner Dom zum Gedenkjahr „1700 Jahre Judentum in Deutschland“
Predigt von Pater Elias H. Füllenbach, Prior des Dominikanerkonvents in Düsseldorf.
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom, Kapitel 11:
1 Ich frage also: Hat Gott sein Volk verstoßen? Keineswegs! Denn auch ich bin ein Israelit, ein Nachkomme Abrahams, aus dem Stamm Benjamin.
2 Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er im Voraus erwählt hat.
16 Ist aber die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist es auch der ganze Teig; und ist die Wurzel heilig, so sind es auch die Zweige.
17 Wenn aber einige Zweige herausgebrochen wurden, du aber als Zweig vom wilden Ölbaum mitten unter ihnen eingepfropft wurdest und damit Anteil erhieltest an der kraftvollen Wurzel des edlen Ölbaums,
18 so rühme dich nicht gegen die anderen Zweige! Wenn du dich aber rühmst, sollst du wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn
(hier im Dom und verbunden mit uns über das Internet)!
„Wer seine Wurzeln nicht kennt, hat keinen Halt.“ So hat es der deutsch-jüdische Schriftsteller Arnold Zweig einmal formuliert. Ja, Wurzeln geben Halt und lassen wachsen – das gilt in der Botanik genauso wie im übertragenen Sinne in unserem menschlichen Leben. Nichts anderes meint der Apostel Paulus, wenn er der jungen christlichen Gemeinde in Rom – wir haben es gerade gehört – ins Stammbuch schreibt: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“ Aber es geht ihm hier nicht um irgendeine Wurzel, nicht um Heimat oder Familie, an die wir meist denken, wenn von menschlichen Wurzeln die Rede ist, sondern um die jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens, die in Rom (und andernorts) nicht vergessen werden sollen: Die „kraftvolle Wurzel des edlen Ölbaums“, in den die Heidenchristen „eingepfropft“ wurden, wie Paulus schreibt.
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